WARUM DIE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN GAMMARAD ITALIA UND LATI
Für die Herstellung von medizinischen Geräten und Verpackungen eingesetzte Kunststoffe können empfindlich auf die Sterilisation mittels Autoklav reagieren. Temperaturen von mehr als 120 °C und unter Druck stehender Dampf kann die Funktionalität des Produkts beeinträchtigen und zu Verformung, Verwindung, Bruch oder Erweichung führen. Sterilisation mittels Gammastrahlung (Gammasterilisation) hingegen ist ein wirksames Verfahren und führt zu keinen nennenswerten Temperaturanstiegen. Zudem ermöglicht sie auch die Sterilisation von Produkten in der Endverpackung, auch mit komplexen Geometrien. Natürlich müssen die Werkstoffe entsprechend getestet werden, um ihre Eignung für die Gammasterilisation festzustellen.
Als Antwort auf diese neuen Marktanforderungen haben LATI und Gammarad Italia, ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich Gammasterilisation, eine Zusammenarbeit begonnen, um die Einwirkung von Gammastrahlung auf moderne Kunststoffe zu testen.
AUSWAHL DER ZU PRÜFENDEN WERKSTOFFTYPEN
Zunächst wurde beschlossen, Werkstoffe zu testen, die für den Lebensmittelkontakt geeignet sind, denn diese kommen häufig auch in biomedizinischen und pharmazeutischen Anwendungen zum Einsatz.
Wie gesetzlich vorgeschrieben, muss jeder Gegenstand, der mit dem menschlichen Körper, der Haut oder den Schleimhäuten in Berührung kommt, sowohl für chirurgische Eingriffe als auch für Diagnose und Therapie, sterilisiert werden.
In der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie werden Produkte in aseptischen Verpackungen ohne Konservierungsstoffe und Pasteurisierung abgefüllt.
BIOMEDIZIN UND DIAGNOSE
PHARMAZEUTIK UND KOSMETIK
Verpackungen und pharmazeutische Produkte für Human- und Tiermedizin.
LEBENSMITTEL
Lebensmittelverpackungen in aseptischen Umgebungen, Deckel und Behälter.
FÜR DIE TESTS AUSGEWÄHLTE WERKSTOFFE
Für die Untersuchungen wählte LATI verschiedene aktuelle thermoplastische Compounds, die gegen Gammastrahlung beständig sind und die technischen, ästhetischen und regulatorischen Anforderungen der jeweiligen Anwendung erfüllen:
POLYSULFONE - Lasulf (PSU) / Lapex R (PPSU)
Eine sehr vielseitige Familie an transparenten amorphen Kunststoffen, die dank ihrer herausragenden Temperaturbeständigkeit normalerweise für anspruchsvolle Anwendungen im medizinischen und Lebensmittelbereich eingesetzt werden. PPSU besitzt zudem eine hohe Schlagzähigkeit und ist chemisch inert. So eignet es sich auch für Anwendungen, die anderen amorphen Kunststoffen normalerweise verwehrt bleiben.
POLYLACTID (PLA) - Latigea B01 – AUS NACHWACHSENDEN ROHSTOFFEN
Ein auf nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen basierender und nachhaltiger Kunststoff. PLA ist ein hochtransparenter, preisgünstiger Werkstoff und eignet sich bestens zur Aufwertung innovativer Einwegprodukte mit einem starken ‚grünen‘ Image, ohne auf die für eine Kommerzialisierung erforderliche Vielfalt an Farben mittels Pigmenten und Additive verzichten zu müssen.
POLYPHENYLENSULFONE Larton (PPS) - HOCHLEISTUNGSKUNSTSTOFF -
Unter den Hochleistungskunststoffen besitzt PPS zweifellos das beste Preis-/Leistungsverhältnis. Der chemisch inerte Werkstoff besitzt eine sehr hohe Temperaturbeständigkeit und ermöglicht die Fertigung von Bauteilen mit einer sehr hohen Dimensionsstabilität und herausragenden mechanischen Eigenschaften. Zudem lässt es sich einfach den spezifischen Projektanforderungen gemäß per Spritzguss verarbeiten.
POLYAMIDE Latamid 66 (PA 66) - Latene HT (COC) - COMMODITIES
Für die Fertigung großer Stückzahlen gelten Polyolefine und Polyamide als die vielseitigsten Werkstoffe für die Entwicklung verstärkter und gefüllter Compounds. Auf Grund ihrer einfachen Verarbeitung und ihres moderaten Preises kommen sie in den verschiedensten Projekten in zahlreichen industriellen Bereichen zum Einsatz, z. B. im Maschinenbau, für Haushaltsgeräte, in der Automobil- und Bahnindustrie, in medizinischen Anwendungen und in der Telekommunikation.
TESTVERFAHREN
Die verschiedenen thermoplastischen Compounds von LATI wurden mit drei verschiedenen Strahlendosen getestet: 30 kGy, 60 kGy und 150 kGy. Im Anschluss wurden die Veränderungen bei den folgenden Eigenschaften ermittelt:
STRAHLENDOSEN
Eine Strahlendosis von 30 kGy kommt normalerweise zur Sterilisation von medizinischen Geräten, Pharmazeutika und Verpackungen zum Einsatz. Laut Europäischem Arzneibuch (Ph. Eur., Paragraph 5.1) muss die Strahlendosis zur Sterilisation mindestens 25 kGy betragen.
Die Dosis von 60 kGy kommt sowohl in der Strahlenchemie (Modifikation von Werkstoffeigenschaften, Vernetzung) als auch zur Sterilisation und Virenbekämpfung zum Einsatz.
Die Dosis von 150 kGy kommt ausschließlich in der Strahlenchemie zum Einsatz (Modifikation von Werkstoffeigenschaften).
TESTERGEBNISSE
VERÄNDERUNG DER THERMISCHEN UND MECHANISCHEN EIGENSCHAFTEN
Nach der Bestrahlung wurden die Veränderungen bei den mechanischen (Schlagzähigkeit, E-Modul, Zugfestigkeit und Bruchdehnung) und thermischen (Wärmeformbeständigkeit und Vicat-Erweichungstemperatur) Eigenschaften untersucht. Mit Ausnahme von Latigea B01 (PLA) bei sehr hohen Strahlendosen zeigten die Werkstoffe keine signifikanten Veränderungen.
Einer der wichtigsten Parameter für die Beurteilung der Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften eines Werkstoffs durch Bestrahlung ist die prozentuale Bruchdehnung. Eine Abnahme dieses Werts bedeutet, dass Molekülketten zerstört wurden, was zu einer Materialschwächung führt. Das Diagramm zeigt, dass bei einer Strahlendosis von 30 kGy bei keinem der getesteten Werkstoffe eine Abnahme der Bruchdehnung beobachtet werden konnte. In einigen Fällen zeigte dieser Wert sogar einen leichten Anstieg auf Grund unkontrollierbarer Effekte (Wasseraufnahme, Messfehler etc.) oder sekundärer Phänomene (teilweise Vernetzung), die sicherlich einer weiteren Untersuchung wert sind.
FARBLICHE VERÄNDERUNGEN
Effekte wie Vergilben, Verdunkeln sowie eine Veränderung der Transparenz sind abhängig von der Chemie des Kunststoffs. Dieser Parameter ist wichtig, da das medizinische Personal bei Eingriffen jederzeit in der Lage sein muss, das Gerät schnell anhand der Farbe zu identifizieren. Bei Lapex R, Latigea und Larton wurden keine signifikanten Farbveränderungen festgestellt.
DIMENSIONSSTABILITÄT
Alle untersuchten Werkstoffe zeigten keine Veränderungen bei der Dimensionsstabiltät.
GERUCHSVERÄNDERUNGEN
Keiner der untersuchten Werkstoffe zeigte Veränderungen des Geruchs.
Lapex R und Larton zeigten bei allen drei Strahlendosen keinerlei Veränderungen bei den mechanischen, thermischen oder chromatischen Eigenschaften.
Das zum Teil auf nachwachsenden Rohstoffen basierende Latigea zeigt eine gute Beständigkeit gegen Strahlendosen bis 30 kGy. Damit eignet sich diese neue Werkstofffamilie für sterile Anwendungen, für die eine Sterilisation mittels Autoklav nicht in Frage kommt.
Die meisten der untersuchten Materialien zeigten jedoch keine signifikanten Veränderungen ihrer technischen Eigenschaften. Jedoch scheint die Bestrahlung einen Einfluss auf die Farbe zu haben.